Punktuelle Reform des Rechts der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft stellt ein Sonderopfer des Untersuchungshäftlings dar. Ihr Zweck ist die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Strafprozesses und gegebenenfalls der Vollstreckung der Strafe. In der jetzigen Form birgt die Untersuchungshaft teilweise unnötige Härten für den Betroffenen und führt de facto zur Wiedereinführung bzw. Vollstreckung von Kürzestfreiheitsstrafen, die soziale Katastrophen darstellen können. Sie ist ferner anfällig für den Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Gerichte und kann sachwidrigen Einfluss auf die Strafhöhe haben.

1. Einführung der elektronischen Fußfessel als mildere Alternative zur Untersuchungshaft aufgrund Fluchtgefahr

Eine elektronische Fußfessel, mithilfe deren sich der Träger orten lässt, ist in den meisten Fällen eine praktikable Alternative zur Untersuchungshaft aufgrund Fluchtgefahr, die beim Gros der Untersuchungshäftlinge den Haftgrund darstellt. So könnte der Betroffene, sofern er der Fußfessel zustimmt, unter der Auflage, einen bestimmten Bereich nicht zu verlassen, sein Leben bis zum Urteil des 13 Gerichts normal fortführen. Technik, die in jedem besseren Smartphone zu finden ist, sollte auch genutzt werden, um schwerwiegende Grundrechtseingriffe zu vermeiden, besonders mit Blick auf die Unschuldsvermutung. Ferner würde es auch Vermögenslosen ermöglicht, die Haft zu vermeiden, wie es Vermögende bereits durch Leistung von Sicherheiten tun können.

 

2. Restriktivere Fassung der Haftgründe, Erklärung des Gerichts bei Untersuchungshaft trotz Bewährungsaussicht

Momentan wird Untersuchungshaft vielfach in Verfahren angeordnet, in denen letztlich eine Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt wird. In diesen Fällen wird der Zweck der Bewährung, die Vermeidung der Desozialisierung, durch die Folgen der vorherigen Freiheitsentziehung konterkariert. Daher sollten die Voraussetzungen, unter denen eine Untersuchungshaft möglich ist, restriktiver gefasst oder zumindest konkretisiert werden. Insbesondere sollten die zuständigen Gerichte im Laufe des Strafverfahrens verpflichtet sein, sich mit der Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe auseinanderzusetzen, ihre Erwägungen in Bezug auf die zu erwartende Strafhöhe im Falle eines Schuldspruchs unter den momentan verhandelten rechtlichen Gesichtspunkten mit Statistiken zu belegen und im Falle eines Beharrens auf Untersuchungshaft trotz Bewährungsaussicht gewichtige, über die die Haft erstmalig begründenden hinausgehende Gründe anzuführen.

Gerade die Verfahrenswirklichkeit in Strafprozessen, die von „Veständigungen“ dominiert sind und daher immer mehr den Charakter von gegnerschaftlichen Verfahren zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem annehmen, gebietet, zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens die Untersuchungshaft sparsam einzusetzen: Da vor Klageerhebung die Staatsanwaltschaft selbständig über das Ende der Untersuchungshaft entscheiden kann, ist sie in der Lage, dem Beschuldigten Kooperation bis hin zum Geständnis abzunötigen, wodurch das Hauptverfahren weitgehend determiniert wird. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens kann die fortdauernde Untersuchungshaft einen starken Anreiz für den Angeklagten liefern, im Rahmen der Verständigung sich (auch im Falle der Unschuld) einer Straftat für schuldig zu bekennen, sofern die ausgehandelte Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. (Im Falle einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Strafe würde die abgesessene Untersuchungshaft in der Regel angerechnet werden.)
Zuletzt sind auch Gerichte versucht, die Strafhöhe zu Ungunsten des Angeklagten so zu wählen, dass keine Haftentschädigung gezahlt werden muss, was insbesondere bei Straftaten geringer Bedeutung der Fall sein kann. Dadurch wird das Prinzip der Strafzumessung nach der Schuld gefährdet, weswegen wiederum wichtig wäre, Untersuchungshaft von vornherein möglichst zu vermeiden.